Zur Startseite ...
Rohopium - Opium crudum [Ph. Eur. 5. Ausgabe, Grundwerk 2005]

Stammpflanze: Papaver somniferum L. / Schlaf-Mohn [Fam. Papaveraceae/Mohngewächse].

Botanische Beschreibung der Stammpflanze: Einjährige, bis 1,5 m hoch werdende, graugrüne, krautige Pflanze mit wachsigen, länglichen und grob gezähnten Blättern und blasslila oder weiß gefärbten, bis 18 cm großen Blüten mit schwarzem Fleck am Grunde. Kelchblätter 2, Kronblätter 4, in zwei Kreisen angeordnet, Staubblätter zahlreich, Fruchtknoten oberständig, aus 2 verwachsenen Fruchtblättern gebildet. Alle grünen Pflanzenteile und in besonderem Ausmaß die Sprosse mit weißem Milchsaft. Bei der Frucht handelt es sich um eine kugelige bis eiförmige Kapsel.

Verbreitung: Alte Kulturpflanze, die sich vom im Mittelmeergebiet vorkommenden Borstigen Mohn (Papaver setigerum DC.) ableitet. Die exakte Herkunft von Schlaf-Mohn ist schwer bestimmbar. Kultiviert wird die Art derzeit bevorzugt in Indien, der Türkei und in den GUS-Staaten.

Droge: Der aus den unreifen Kapseln der Stammpflanze gewonnene, eingetrocknete Milchsaft, der bezogen auf die bei 100 bis 105 °C getrocknete Droge einen Mindestgehalt an Morphin von 10,0 Prozent und an Codein von 2,0 Prozent aufweist (bestimmt mittels HPLC).

Geruch und Geschmack: Charakteristischer Geruch und bitterer und zugleich etwas scharfer Geschmack.

Gewinnung der Droge: Zur Gewinnung von Rohopium werden etwa 8 bis 14 Tage nach dem Abfallen der Kronblätter die noch grünen Kapseln am Abend horizontal oder vertikal angeritzt. Der ausgetretene, erhärtete und braun verfärbte Milchsafts wird am nächsten Morgen geerntet. Etwa 20.000 Mohnkapseln liefern 1 kg Opium, welches einen Morphingehalt von 3 bis 23 % aufweist. Daher wird zunächst eine Gehaltsbestimmung durchgeführt, um hochwertigere und schlechtere Sorten zu mischen, um Stücken mit einem Gewicht von ca. 2 kg und einem Mindestmorphingehalt von 12 % herzustellen.

Inhaltsstoffe (Zusammensetzung von Rohopium): Alkaloide: Gehalt 20-30 %. Ca. 40 (50) verschiedene Alkaloide vom Morphinan- und Benzylisochinolin-Typ, die zum überwiegenden Teil als Salze der Mekonsäure sowie der Milchsäure und Fumarsäure vorliegen. Wichtigste Verbindungen vom Morphinan-Typ sind Morphin (3-23 %), Codein (0,2-3,5 %) sowie Thebain (0,2-1,0 %) und vom Benzylisochinolin-Typ Papaverin (0,5-3,0 %), Noscapin (= Narcotin, 2-12 %) und Narcein (0,1-0,7 %).

Wirkungen der Droge: Verursacht im wesentlichen durch Morphin und beeinflusst durch die übrigen Alkaloide.

Morphinwirkungen:
  • zentral wirksames Analgetikum durch Angriff an Opioid-Rezeptoren (analgetisch wirksame Dosis 10 mg)
  • sedativ-hypnotische Wirkung bei einer Dosierung von 10 mg
  • narkotische Wirkung bei Dosierung von 50-100 mg
  • antitussive Wirkung durch Dämpfung der reflektorischen Erregbarkeit des Hustenzentrums
  • Dämpfung des Atemzentrums (atemdepressorische Wirkung)
  • antiemetische Wirkung
  • Tonussteigerung der glatten Muskulatur (Ausnahme Gefäßmuskulatur), am Darm durch die Tonussteigerung starke Verminderung der Motilität (Folge: Obstipation)

Wirkungen weiterer Alkaloide: Codein beisitzt eine stark dämpfende Wirkung auf das Hustenzentrum. Eine analgetische Wirkung ist kaum vorhanden, jedoch wird die Wirkung anderer (schwach wirksamer) Analgetika potenziert. Thebain wirkt krampferregend und nicht narkotisch, Papaverin durch peripheren Angriff lähmend auf die Muskulatur von Magen, Darm, Gallenblase und Gallenwege. Noscapin besitzt eine zentral antitussive Wirkung und steigert die analgetische Wirkung des Morphins.

Verwendung: In der Therapie nur noch selten in Form der Opiumtinktur (höchste Einzeldosis 1,5 g) zur Ruhigstellung des Darmes bei schweren Durchfällen verwendet. Hauptsächlich dient es als Ausgangsmaterial zur Isolierung verschiedener Alkaloide, insb. von Morphin, welches anschließend zum Teil weiter zu Codein derivatisiert wird.


Bilder:

Der bis 1,5 m hoch werdende Schlaf-Mohn besitzt längliche, wachsige, länglichen Blätter, die einen grob gezähnten Rand aufweisen (s. Abbildung links). Die Blütenhülle besteht aus 4 großen Kronblättern und zwei Kelchblättern, die jedoch wie bei allen Mohngewächsen unmittelbar nach dem Aufblühen abfallen. Bei der Frucht des Mohn handelt es sich schon fast um den Inbegriff einer Kapsel (s. Abbildung rechts).


© Thomas Schöpke